Die Geschichte des Rahmens

 

Vor 32.000 Jahren, wurden mit schwarzem und rot-ockerfarbenem Pigment: Mammut, Pferde, Löwen und Büffel dargestelltDiese können als die ersten felsmalerischen Werke gelten, welche in der Grotte von Chauvet  in Frankreich entdeckt wurden. Bereits überall in der Welt findet man Beispiele der ursprünglichen Höhlenmalerei; der griechische Mythos hingegen erklärt die Geburt der Malerei in Delphi.
Rohe Felswände werden als erste Oberfläche künstlerischer Darbietungen gewählt, hierbei werden recht primitive Formen und Gestalten dargestellt, erst später werden Tempel und Kirchen gewählt, um schließlich als beweglicher Träger in Form eines Möbels  zu erscheinen. Im Mittelalter bevorzugte man die Holztafel auf denen, bemalt mit Tempera auf Goldgrund, Altare neu erbauter Kathedralen in den bewohnten Stadtzentren geschmückt wurden. Mit der Zeit gewann die klassische Leinwand an Überhand, welche bereits wegen des leichten Gewichtes, einfacher und unkomplizierter zu handhaben war.

Wegen des gängigen Bildformates kommt es zum eigentlichen Auftreten des Rahmens, aber einerseits natürlich auch um den eigentlichen Bildabschluss zu kennzeichnen und andererseits  um die  Tafeldicke zu überdecken. Diese Abgeschlossenheit wird durch die Rahmenleisten bewirkt, welche direkt an das Tafelbild ansetzen. Dabei handelt es sich um ein oder mehrere Leisten, zeitweilig unterstützt von außen anliegenden Profilen die das Bild querläufig abschließen.

Gleichzeitig kann erwähnt werden, dass der Rahmen wie ein „mehrfaches“ Fenster angesehen werden kann, von welchem aus der Betrachter die Natur sieht oder aber die erfundene Welt des Künstlers. Bis zu Beginn des 16. Jahrhunderts gilt für jegliches profane Staffeleibild der architektonische Aufbau für die Rahmenkomposition als Eigenart seines Repertoires. So gewinnt der Rahmen immer mehr an Freiheits- und Schaffensfantasie bezüglich seiner Elemente. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts beziehen sich diese weiterhin auf die antiken Formelemente, gewinnen jedoch immer mehr an Autonomie, ja spiegeln gar einen rein dekorativen Aspekt wieder und haben nicht mehr den ursprünglichen Charakter der  „Fenster – Landschaft“.

Bei der figürlichen Darstellung sämtlicher Epochen kann festgestellt werden, dass der italienische Rahmen des 15. – 16. Jahrhunderts einen enormen Zuwachs  hat und auf dem weltweiten Kunstfeld von besonderer Wichtigkeit ist, um schließlich von dem bedeutenden Stil des Luis XVI. gegen Mitte des 17. Jahrhunderts abgelöst zu werden.

Vom Polyptychon  zum Tafelbild

Die Schaffung der Tryptychen und Polyptychen  inspiriert sich an den architektonischen Elementen von Kulturstätten, für die sie letztendlich auch konstruiert werden; der Strukturaufbau lehnt sich am Grundriss der Kirche an, welcher ebenfalls dem Ambiente zur Dekoration dient, wobei sich das obere Paneel auf das Mittelschiff konzentriert, die Seitenpaneele auf die Seitenschiffe beschränken.

Diese Kunstform integriert sich harmonisch in das umliegende Ambiente, zudem die Rahmung im richtigen Verhältnis zur bildhauerischen  Bearbeitung des Kircheninneren steht.
Häufig werden die Rahmenskizzen – und Zeichnungen von Architekten ausgeführt nachdem sämtliche Grundrisse und Proportionen der Altare und Kanzeln recherchiert wurden.
Ein fundamentaler Schritt der unabhängigen Strukturform hinsichtlich der Konzeption des Rahmens ist eindeutig in der „Bewunderung des Heiligen“,1432 von Gentile da Fabbiano dargestellt: zum allerersten Mal wird eine eigenständige und auf sich bezogene Rahmenstruktur geschaffen.
Zur ersten Hälfte des 15.Jahrhunderts wandeln neue innovative Techniken sowie das Auftreten der Perspektive die Malerei um.

Die Vertiefung von immer größer werdenden Raumflächen, um eine einzige Bildszenerie darzustellen, geben der horizontalen Dimension an Ausdruckskraft.
Die vertikale gotische Form wird verlassen, um den neuen malerischen Bedürfnissen gerecht zu werden, welche das quadratische und rechteckige Format vorziehen.

Während der Renaissance werden neue Stilrichtungen in Florenz geschaffen und es ist hier wo die Vorlieben der einzigartigen quadratischen und rechteckigen Tafelbilder entspringen.
Diese neuen Formen, die Tafelbilder, bereichert mit verzierten Pedellen und Pilastern, stehen im starken Gegensatz zu den Polyptechen.
Diese Transition findet stufenweise statt, daher kann ebenfalls gesagt werden, dass der Holzrahmen im Anschluss an das Bild entsteht.

Wiederholt kann festgestellt werden, dass zur ersten Hälfte des XV. Jahrhunderts die nachempfundene gemalte Architektur mit der Perspektivendarstellung an Bedeutung gewinnt und im gleichen Moment der Bezug dieser zur real existierenden Innenarchitektur.
Hierbei ist das Tafelbild der „Ankündigung des Bartolini Salimbeni“ 1420-1425, von Lorenzo di Monaco ein Meilenstein, bei der die Bilddarstellung ein integrierter und weiterführender Teil zu den Affresken der  Kapelle ist, da deren Proportionen und breite Farbchromatik von den Wandmalereien weitergeführt werden.

Als stark innovatives Tafelbild gilt die „Ankündigung des Martelli“ von Filippo Lippi,ca.1440, der auf jegliches gotisches Element, wie etwa Giebel und Fiale, verzichtete, um dem rigorosen geometrischen Schema Raum zu geben, auch in Anlehnung zur brunelleschianischen Architektur der Kirche von San Lorenzo in Florenz, in welcher das Tafelbild hängt.
Noch weiter hinaus ragte sich Beato Angelicos Tafelbild des Heiligen Markus, 1438-1443,welcher den Thron der Maria architektonisch analog zum Kirchentor von Michelozzo darstellt.

Der Tabernakelrahmen

Der Tabernakelrahmen imitiert die Frontansicht eines Gebäudes, auf dessen Sockel, sich an den beiden Enden zwei Pilaster und Lisenen, häufig zisiliert oder verziert mit vegetarischen Motiven, hervorheben, um oberhalb mit einem Architrav abgeschlossen werden.

Ab assuetis non fit passio, wie ein altes Sprichwort besagt „gewohnte Dinge schätzt man nicht“; so ist für unsereins der Tabernakelrahmen zentral oberhalb des Altars zur Gewohnheit geworden. So hat er jedoch nicht immer dort Platz gefunden, als nach dem 2.Vatikanischen Konzil häufig der Tabernakelrahmen auch in Kapellen oder außerhalb des Hauptaltars angebracht wurde.
Bis zum 6. Jahrhundert gibt es nur einen einzigen Altar, erst später steigt die Zahl der Altare in den Kirchen an.

Gegen Ende des 9. Jahrhunderts findet man ein neues und kennzeichnendes, ständiges Element oberhalb des Altars: die heilige Reliquie.

Sehr schnell entwickeln sich weitere Elemente, so dass zu Beginn des 10. Jahrhunderts ein bedeutendes Zeugnis gallischen Ursprungs, bekannt unter dem Namen Admonitio Synodalis, zum allgemeinen Gesetz aller Kirchen des Okzidents wurde. Diese schreibt vor, dass auf dem Altar „nur die Urne der Heiligen (capsae), der Evangelen sowie die Hostie des Gottvaters für die Kranken gehalten werden sollte; alle anderen Dinge sollten in den dementsprechend dazugehörigen Plätzen verwahrt werden.“

Der Tabernakelrahmen verläuft so mehrere Epochen, es muss jedoch auf das 6. Jahrhundert gewartet werden, um den Tabernakelrahmen konstant am Hauptaltar zu finden, später in der letzten Phase der kunstgeschichtlichen Entwicklung des Altars im Zentrum des Mittelschiffes.
Im Traktat zur Malerei beschreibt Leon Battista Alberti, das Prinzip, welches seine Aktivität als Maler charakterisiert: eine jeweils vom Künstler gewählte quadratische Fläche, welches als Fenster von dem aus der Betrachter das gemalte sieht, dient.

Dies stellt eine Revolution dar, da das statische Konzept des „ Blocks“ des gotischen Rahmens überwunden wird, der die Gebäudefront der Kirchen widerspiegelt, um sich im Rennaissancerahmen zu finden: eine eigene architektonische Struktur, welche von der Wand eingenommen, einen abgesteckten Umfang wie eine Art Fenster darstellt, den Raum einrahmend, die Tiefendarstellung des Bildes verstärkt.

Der toskanische Rahmen

Es bedarf keines Zufalls, dass auch heute noch 50% aller Kunstwerke der gesamten Welt des 16. Jahrhunderts in der Toskana beheimatet sind: und so ist es auch jene Toskana, die den vielseitigsten Entwicklungsstand des Rahmens und Rahmenherstellers aufweist.

Wie bereits erwähnt finden wir schlichte Stilelemente eines flachen Rahmentyps, die an den Endkanten der bedeutenden Tafelbilder mit typischem Golduntergrund von Cimabue, Giotto und Duccio da Buoninsegna angebracht wurden. Hierbei handelt es sich oftmals um die gleiche Vergoldung, die auf den Rahmenleisten fortgeführt wird.
Im 14. Jahrhundert kommt der Tabernakelrahmen auf, in der Toskana zuerst, um dann in ganz Europa aufzutauchen.
In jenem Jahrhundert entwickeln sich die Rahmen zu autonomen Strukturen, reich an geschnitztem Prunkwerk, geschmückt von spiralförmig gedrehten Kolonnen und  Kapitellen.
Überwiegend die Polyptechen geben die architektonische Struktur der Fassaden wieder, stilvoll bearbeitet und abgeleitet von den Nischen und Aedikularstrukturen  der Kirchen und anderer bedeutender Fassaden.

Der gewöhnliche, einfach und schlichte Kassettenrahmen, der noch heute Verwendung findet, tritt in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts mit dem Erscheinen profaner und religiöser Kunstdarstellungsarten auf; überwiegend bei der Portraitmalerei, die weniger aufwendige Rahmen vorziehen.
Die Rahmenstruktur setzt sich aus dem rechteckigen Keilrahmens, sowie dem Falz (Rahmeninnenleiste), der dem Bildhalt dient, und dem zur Dekoration dienendes Außenprofil zusammen.
Hierbei handelt es sich um einen Rahmentypus, der für alle weiteren Epochen von Bedeutung ist. Dieser verändert sich im Laufe der Epochen nur in einigen kleinen Details und einiger Verzierungstechniken, da sich der Geschmack im Laufe der Zeit verändert.

Im 15. Jahrhundert  gab es einen ganz bedeutenden Zuwachs in der Toskana, als ganz besondere autonome und originelle Modelle in Erscheinung traten.
Noch Heute findet man die größte Anzahl an archivierten Rahmenzeichnungen in dieser Region.
Als ein charakteristisches Beispiel der reichhaltigen kunsthandwerklichen Erfindungen zählt der „Tondo“, ein Rundrahmen, welcher sich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts herausprägt.
Hierbei handelt es sich um einen Typus, der aus der Verbindung mit Glas- Terracotta  Darstellungen des Luca della Robbia entspringt. Der Tondo enthält reiche Frucht- bzw. Blütengirlanden, geschnitzt aus hoch abgesetzten Holzmotiven oder aber aus einfacheren  Zungenstabmotiv (baccellature), begleitet von seitlich an das Zentralzopfmusterdekor anliegenden architektonischen Elementen.

Anders ist der Tabernakelrahmen einfacherer architektonischer Gestaltungsform, der Gemälde oder Terracottareliefs trägt.
Der Gebrauch des Tondo zieht sich über das 16. Jahrhundert hinaus, wobei die Verzierungen der Schnitzereien dynamischer und plastischer sind, wie es bei dem „Tondo Doni“ von Micchelangelo in den Uffizien zu bewundern ist.
In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts finden wir häufig Nussbaumholz phantasievoll geschnitzt, die bedeutende Motive zeigen; in Nussbaum natur gehalten und mit einigen „lichten“ aus Blattgold gehaltenen, erhabeneren Leistenverzierungen stellt der sog. Sansovinorahmen kunstgeschichtlich einen bedeutenden Rahmen dar.
Ein venezianischer Rahmen, entworfen vom Architekten Jacopo Tatti, genannt „ il Sansovino“ der 1527 nach Venedig umsiedelt.
Dies ist ein Rahmen von kontrastreichen und kraftvoll geschwungenen Volutenformen, der im Gegensatz zu den bisherigen Rahmen steht und inspiriert wird durch die Stuck –und Rahmenleisten der Kirchendecken in Venedig sowie des Dogen Palazzos

Die Besonderheit des Snsovinorahmens sind die entschlossenen Voluten und bandartigen Verzierungen, welche sich zum Rahmenzentrum und Außenrand wölbend ranken.

Zwischen dem 17. und 18. Jahrhunderts entsteht der Salvator-Rosa Rahmen oder auch Maratta Rahmen genannt, noch heute einer der bekanntesten und beliebtesten Rahmen.
Den Namen bezieht dieser von dem Maler Salvator-Rosa, der persönlich jedes seiner Bilder rahmte.
Das Rahmenprofil aus sich abwechselnder Hohlkehle und Profilleiste, oftmals unterbrochen von mehreren Schnitzereien des sog. Eierstabs, Blattwerks und Bandrankenstabs, verbreitete sich überwiegend in Lazien und Kampanien.
In Lazien waren die Schnitzereien wesentlich eleganter und die Vergoldungen hell scheinender, wohingegen die Rahmen um Neapel mit einem Firnis, einer Gold scheinenden Lasur, auf Silbergrund bearbeitet wurden.
Der Doppeleffekt von Holz und Gold wird durch das Auftragen einer bräunlichen Tonerde, der sog. Bolus, erzielt.
Im 17. Jahrhundert werden überwiegend prunkvolle Rahmen produziert, die in den fürstlichen Werkstätten für Gemälde von Sammlungen aus den Uffizien und aus dem Palazzo Pitti angefertigt werden.
Diese barocken Prunkrahmen sind durch aufwendige Schnitzereien wie Schildmotive und sich aufstauende Zungenstabmotive und vielerlei anderer Verzierungen, florealer Rankenart gekennzeichnet.
Weitere Beispiele des fürstlichen Kunsthandwerks sind die aus Ebenholz angefertigten „Guillochet“- Rahmen mit mehrfachen Steinintarsien, oder Ebenholzrahmen mit aufgesetzten vergoldeten Bronzen.
Im 18. Jahrhundert hingegen stellen die Werkstätten Rahmen mit entweder schlicht gehaltenen  oder verzierten Passepartouts aus Hartholz mit ebenjenen aufgesetzten Bronzen her.